Nanotechnologie in der CTA-Ausbildung

Die zunehmende Bedeutung der Nanotechnologie für die Entwicklung neuer Werkstoffe, Produkte und Arbeitstechniken erfordert in steigendem Maße gut ausgebildete Fachkräfte - auch ohne Studium. Die Materialien der Nanotechnologie sind Nanoteilchen und Nanoschichten.

Ob es um Partikel oder Schichten geht, chemische und physikalische Grundlagen und Erfahrungen in Laborarbeit und Messtechnik spielen bei deren Herstellung und Untersuchung eine immer größere Rolle. Die heutige Ausbildung zu chemisch-technischen Assistent*innen bietet dazu bereits beste Voraussetzungen, bedarf allerdings der Ergänzung um nanospezifische Bereiche. In unserer CTA-Ausbildung lernen die Auszubildenden Nanotechnologie kennen und mit den entsprechenden Herstellungs- und Messmethoden umzugehen.

Die CTA-Ausbildung

Das Berufsbild eines CTA hat sich kontinuierlich mit den Entwicklungen von Präparations-, Analysen- und Messmethoden verändert. So tritt die traditionelle Chemieausbildung - wie nasschemische Analyseverfahren im Rahmen der "Trennungsgänge" und klassische Versuche der Physikalischen Chemie - mehr und mehr zugunsten instrumentalisierter und automatisierter Analysenmethoden in den Hintergrund.
Niedergeschlagen hat sich diese Entwicklung letztendlich auch in den seit 2004 gültigen Rahmenrichtlinien des Landes Niedersachsen. Statt der klassischen Fächer wie Anorganische Chemie, Organische Chemie, Physikalische Chemie und Analytische Chemie gibt es nun handlungsorientierte Lernfelder wie "Lösungen herstellen", "Stoffe dünnschicht- und gaschromatografisch untersuchen", "Organische Präparate herstellen und untersuchen" und "Stoffe spektroskopisch untersuchen". Durch das Lernfeldkonzept werden die Fach-, Lern- und Sozialkompetenzen der Auszubildenden auch in Richtung einer höheren Eigenverantwortlichkeit für das zukünftige Berufsleben gestärkt.

Was ist das besondere an der CTA-Ausbildung an der Akademie Göttingen?

Das von uns entwickelte Konzept zur Einbeziehung der Nanotechnologie in die CTA-Ausbildung hat großes Interesse und Zustimmung im niedersächsischen Kultusministerium gefunden. Das neue Lernfeld Nanopartikel und -schichten herstellen und untersuchen ist seit dem Schuljahr 2008/2009 der Akademie Göttingen als Modellprojekt Teil der Ausbildung.
Von Anfang an fließt das Thema auch in den Unterricht der andere Lernfelder ein, um ein Verständnis für die Abmessungen im Nanometerbereich zu entwickeln. Bei der Behandlung von chemischen und physikalischen Größen spielen die Abmessungen eine zunehmende Rolle, z. B. wird deutlich, wie sich die durch die Oberfläche bestimmten Effekte mit der Verkleinerung der Teilchen bei gleicher Masse ändern. Anhand von Solen und Gelen werden erste Erfahrungen mit Nanoteilchen in Lösungen gesammelt. Zum Erkunden des Tyndall-Effekts werden selbst hergestellte Gold-, Kupfer- oder Silberkolloide eingesetzt.
Das Augenmerk wird auch auf die Unterscheidung des Makrokosmos, mit kontinuierlich beschreibbaren Vorgängen, im Gegensatz zum Nanokosmos, mit gequantelten Vorgängen an der Grenze zur "materiellen Unschärfe", fallen. Die Fertigkeiten und Erfahrungen, die beim pHMessen, beim Fällen und Abtrennen von Feststoffen, bei Extraktionen, bei Ätz- und Lösevorgängen mit Säuren und Basen, beim Wiegen, Messen, Titrieren, Spektroskopieren, bei der Probenvorbereitung und -behandlung u. v. a. erworben werden, sind ebenso wichtige Grundlagen für den filigranen Bereich der Nanochemie und -analytik.

Das neue Lernfeld "Nanopartikel und -schichten herstellen und untersuchen" liegt im zweiten Ausbildungsjahr und befasst sich dann konkret mit folgenden Fragen:

Wie hängen Messmethoden mit unserer Alltagswelt, mit Dingen, die wir herstellen oder benutzen, zusammen?
Egal ob es um die Veränderung der Eigenschaften von Materialien, die Präzision von Herstellungsprozessen oder die Miniaturisierung von Produkten geht, die Grenzen des Möglichen liegen in den Grenzen der Genauigkeit der Untersuchungsmethoden. So gilt umgekehrt: Je detaillierter wir etwas untersuchen und messen können, umso mehr Möglichkeiten für neue Entwicklungen werden wir finden.
Ein gutes Beispiel hierfür ist das Lichtmikroskop, das die Sichtweise unserer Welt vollständig veränderte. Viele der enormen Fortschritte in der Medizin, Biologie und Mikroelektronik, aber auch in der Werkstoffkunde wurden dadurch möglich, dass vorher unsichtbare Dinge sichtbar wurden.

Eine ähnliche Entwicklung findet heute durch die rasche Verbreitung von Mikroskopiermethoden statt, die auch weit hinter den physikalischen Grenzen des Lichtmikroskops noch Objekte abbilden können. Zu diesen Methoden gehört die Rasterkraftmikroskopie. In dem Maß, in dem Nanostrukturen sichtbar gemacht werden können, eröffnen sich auch Möglichkeiten, diese gezielt zu formen.

Die Herstellung und Strukturierung von Schichten mit Abmessungen im Nanometerbereich hat zum Beispiel erst die Mikroelektronik für Handys und Computer möglich gemacht. Durch die Nanotechnologie ergeben sich neue Entwicklungen in zwei Zielrichtungen: 

  1. bekannte Materialien können neue Eigenschaften gewinnen und dadurch neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnen,
  2. der Einsatz von Nanomaterialien soll den Rohstoff- und Energieverbrauch mindern. 

Partikel
Die Auszubildenden lernen die wichtigsten Verfahren kennen und stellen Partikel von unterschiedlichen Stoffen her und untersuchen diese im Vergleich zu nicht nanoskaligen Teilchen. Spätestens hier wird erfahren, wie sehr sich Eigenschaften ändern, wenn die Teilchen extrem klein werden. Für viele Anwendungen ist es sehr wichtig, die Größe und die Größenverteilung der Partikel zu kennen. Diese werden zum Beispiel mit gestreutem Laserlicht gemessen. Die Untersuchungen und Auswertungen stehen im Zusammenhang mit einer Reihe von möglichen Anwendungen. Dazu zählen nanokristalline Farbstoffsolarzellen und Materialien, deren Stoffeigenschaften durch das Einbinden von Nanopartikeln neue, verblüffende Eigenschaften erhalten, zum Beispiel absolut wasserabweisende Textilien, feuerfestes Papier, elektrisch leitende Kunststoff-Polymere.

Schichten
Hier werden ultradünne Schichten hergestellt und untersucht. Besondere Bedeutung haben solche Schichten zum Beispiel für die Herstellung von Speichermedien und Oberflächen mit besonderen Eigenschaften. Zu den Herstellungsverfahren gehört das Aufdampfen von nanometerdicken Schichten aus Gold oder aus anderen Metallen auf unterschiedliche Trägermaterialien im Vakuum. Mit Fotolack und Ätztechnik werden den Schichten gezielt strukturierte Formen gegeben.
Die Rasterkraftmikroskopie, die zu den wichtigsten Messmethoden in der Analytik von Nanostrukturen zählt, kommt nun für die Untersuchung unterschiedlichster Oberflächenstrukturen zum Einsatz. Mit den neuen, von der Physikalisch Technischen Bundesanstalt PTB in Braunschweig für die Ausbildung entwickelten Geräten lernen die Auszubildenden das Arbeiten mit dieser wichtigen auch in der Biologie, Medizin und Technik zunehmend eingesetzten Mikroskopiermethode.

Ausblick
Die Akademie Göttingen hat innovative Maßstäbe in der Ausbildung im nichtakademischen Bereich geschaffen. Die angehenden CTA lernen ergänzend zu den klassischen Themen wie der Chemischen und Instrumentellen Analytik die Nanotechnologie mit ihren Herstellungsmethoden kennen, lernen wie die Messgeräte funktionieren, wie sie bedient werden und was die Messergebnisse zeigen. Damit haben sie gute Chancen, eine interessante Tätigkeit in diesen zukunftsträchtigen Forschungs- und Wirtschaftszweigen zu finden. Auszubildende mit Realschulabschluss erhalten zudem die Möglichkeit, parallel zur Berufsausbildung die Fachhochschulreife zu erwerben.